
„Entschuldigen Sie, darf ich vielleicht Ihre Aura lesen?“ Die Frau strahlt mich mitten auf der Straße an und ich bin kurz perplex. Bitte? „Ihre Aura schimmert golden, darf ich Ihnen das sagen…“ Sie legt ihre Hand sanft auf meinen Arm. Golden! Das muss an der fürstlichen Summe liegen, die ich eben für die Friseurin Bianca ausgegeben habe, die nach dem Mondkalender schneidet, weil das für Fülle im Haar sorgt. Schneiden darf man sein Haar nur bei zunehmenden Mond, hat sie mir erklärt. Zumindest verstehe ich jetzt ihre Preise, denn wem nur ein halber Monat zum Arbeiten zur Verfügung steht, muss das natürlich irgendwie ausgleichen.

„Entschuldigen Sie, darf ich vielleicht Ihre Aura lesen?“ Die Frau strahlt mich mitten auf der Straße an und ich bin kurz perplex. Bitte? „Ihre Aura schimmert golden, darf ich Ihnen das sagen…“ Sie legt ihre Hand sanft auf meinen Arm. Golden! Das muss an der fürstlichen Summe liegen, die ich eben für die Friseurin Bianca ausgegeben habe, die nach dem Mondkalender schneidet, weil das für Fülle im Haar sorgt. Schneiden darf man sein Haar nur bei zunehmenden Mond, hat sie mir erklärt. Zumindest verstehe ich jetzt ihre Preise, denn wem nur ein halber Monat zum Arbeiten zur Verfügung steht, muss das natürlich irgendwie ausgleichen.

Offensichtlich hat Bianca mich mit einer goldenen Aura aus dem Salon entlassen, aber ich glaube, das hat weniger mit ihren Stylingkünsten zu tun. Die wahre Wirkung haben all die Personen, die ständig bei mir sind, auch wenn man sie nicht sehen kann. Es erscheint mir logisch, dass sie sich in meiner Aura manifestieren, irgendwo müssen sie ja hin. Meine Begleitung ist exklusiv und vielseitig: es sind sämtliche Serienstars der letzten Jahrzehnte.

Nach dem Friseur führte ich zum Beispiel gerade eine intensive Unterhaltung mit Carrie Matthison aus Homeland – sie ist seit vielen Jahren meine beste Freundin. Immer wenn ich mich besonders ärgere, steht sie fest an meiner Seite und sichert mir im Zweifel die geheime Überwachung meiner Gegner zu, um sie in die Knie zu zwingen.
Carrie ist aber nicht meine einzige Freundin. Bei Fragen rund um das Gesetz habe ich Saul, und seit Better call Saul finde ich meine eigenen juristischen Ideen auch gar nicht mehr so abwegig.
Wenn ich einen wirklich guten Abend verbringen will, gehe ich in die Kneipe von Braunschlag, und nach einer Weile mit Gerry und Richard an der Bar denke ich immer: Berlin müsste nicht arm aber sexy bleiben. Wenn wir hier die Erscheinung einer Gottheit inszenieren würden, könnte die Stadt über Nacht zum europäischen Wallfahrtsort werden — mit allen finanziellen Vorteilen.
Tee trinke ich natürlich im Buckingham Palace. Seit The Crown habe ich auch ein viel besseres Verhältnis zur Queen — sie steckt ja seit ihrem Amtsantritt in irgendwelchen Schwierigkeiten, das war mir gar nicht so bewusst. Aus der Presse erfährt man ja wirklich so gut wie nichts.

Das Problem mit all diesen Freundschaften ist nur, dass das reale Leben mit der Zeit seine Anziehung verliert. Es ist ja gut und schön, mit dem Elektroauto umweltbewusst durch Berlin zu fahren, aber eigentlich möchte ich den glamourösen, cremefarbenen Roller von Emily in Paris. Ich kann neue Männer kennenlernen, aber eigentlich will ich nur Harvey Specter, der in Suits niemals einen Fall verliert. Schwierig wird es, wenn man seine Steuererklärung in Gedanken mit Saul macht und davon ausgeht, dass Harvey einen im Zweifel schon raushauen wird. Oder wenn man spontan nach Hawaii ins White Lotus fliegt, (und in Gedanken den Duke of Hastings aus Bridgertone mitnimmt), aber beim Bezahlen der Rechnung nicht so kreativ ist wie Anna Delvey.
Da hilft nur eins: ein Coaching über Quantenphysik und die Macht des Wünschens. Was Walt Disney 1940 als Titelmelodie für den Pinocchio-Film auswählte, ist heute zum Greifen nah:

Die eine besucht dafür neuerdings Seminare im Allgäu, man kann dort wahlweise über glühende Kohlen laufen oder in einer engen Schwitzhütte zusammen mit dreißig anderen Todesmutigen einen Hitzschlag bekommen. Die andere Freundin stellt sich wiederum einem rigorosen Atem-Programm, bei dem jede Session in einem Eisbad endet. Zu diesem Zweck hat sie sich jetzt eine Gefriertruhe in den Garten gestellt und stoppt jeden Morgen, wie lange sie es darin aushält.
Mich haben diese Aktionen erstmal doch ein bisschen abgeschreckt. Mühelose Magie sieht für mich anders aus. Nach längerem Nachdenken kam mir dann die Erkenntnis, dass man die Realität vielleicht gar nicht beherrschen muss. Es reicht völlig, den anderen ihre Vorstellung der Realität auszureden – das ist eine viel effektivere Art, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Wahre Meisterschaft zeigt hier das Zitat des indischen Schauspielers Aarav Sinha:

Für Schauspieler ist diese Sicht der Dinge natürlich leichter, weil sie es öfter üben. Aber mit ein bisschen Phantasie kann es jeder schaffen — bei mir ist die Motivation hier jedenfalls deutlich höher als bei der Vorstellung, über glühende Kohlen zu laufen oder jeden Morgen in eine Gefriertruhe zu steigen.
Außerdem hat diese Aura-Leserin mir heute klargemacht, dass ich schon auf einem sehr guten Weg bin. Meine geheimen Freunde sind golden in meiner Aura zu lesen, und das wird sich bestimmt bald golden auf meine Zukunft auswirken. Ich glaube, ich werde den auferstandenen Marlon Brando in Las Vegas heiraten und mit ihm für den Rest meines Lebens auf einer romantischen Ranch Pferde züchten. Wer mich währenddessen auf der Straße trifft, ist offensichtlich auch gerade in Las Vegas, oder auf dem Weg zur Pferdekoppel… Ist ja wohl klar.


Offensichtlich hat Bianca mich mit einer goldenen Aura aus dem Salon entlassen, aber ich glaube, das hat weniger mit ihren Stylingkünsten zu tun. Die wahre Wirkung haben all die Personen, die ständig bei mir sind, auch wenn man sie nicht sehen kann. Es erscheint mir logisch, dass sie sich in meiner Aura manifestieren, irgendwo müssen sie ja hin. Meine Begleitung ist exklusiv und vielseitig: es sind sämtliche Serienstars der letzten Jahrzehnte.

Nach dem Friseur führte ich zum Beispiel gerade eine intensive Unterhaltung mit Carrie Matthison aus Homeland — sie ist seit vielen Jahren meine beste Freundin. Immer wenn ich mich besonders ärgere, steht sie fest an meiner Seite und sichert mir im Zweifel die geheime Überwachung meiner Gegner zu, um sie in die Knie zu zwingen.
Carrie ist aber nicht meine einzige Freundin. Bei Fragen rund um das Gesetz habe ich Saul, und seit Better call Saul finde ich meine eigenen juristischen Ideen auch gar nicht mehr so abwegig.
Wenn ich einen wirklich guten Abend verbringen will, gehe ich in die Kneipe von Braunschlag, und nach einer Weile mit Gerry und Richard an der Bar denke ich immer: Berlin müsste nicht arm aber sexy bleiben. Wenn wir hier die Erscheinung einer Gottheit inszenieren würden, könnte die Stadt über Nacht zum europäischen Wallfahrtsort werden — mit allen finanziellen Vorteilen.
Tee trinke ich natürlich im Buckingham Palace. Seit The Crown habe ich auch ein viel besseres Verhältnis zur Queen — sie steckt ja seit ihrem Amtsantritt in irgendwelchen Schwierigkeiten, das war mir gar nicht so bewusst. Aus der Presse erfährt man ja wirklich so gut wie nichts.

Das Problem mit all diesen Freundschaften ist nur, dass das reale Leben mit der Zeit seine Anziehung verliert. Es ist ja gut und schön, mit dem Elektroauto umweltbewusst durch Berlin zu fahren, aber eigentlich möchte ich den glamourösen, cremefarbenen Roller von Emily in Paris. Ich kann neue Männer kennenlernen, aber eigentlich will ich nur Harvey Specter, der in Suits niemals einen Fall verliert. Schwierig wird es, wenn man seine Steuererklärung in Gedanken mit Saul macht und davon ausgeht, dass Harvey einen im Zweifel schon raushauen wird. Oder wenn man spontan nach Hawaii ins White Lotus fliegt, (und in Gedanken den Duke of Hastings aus Bridgertone mitnimmt), aber beim Bezahlen der Rechnung nicht so kreativ ist wie Anna Delvey.
Da hilft nur eins: ein Coaching über Quantenphysik und die Macht des Wünschens. Was Walt Disney 1940 als Titelmelodie für den Pinocchio-Film auswählte, ist heute zum Greifen nah:


Die Menschheit hat sich maßgeblich weiter entwickelt, inzwischen kann man das Wünschen nämlich lernen. Gedanken werden zu Materie, wenn man es richtig macht. Dafür muss man allerdings erstmal in seine spirituelle Kraft kommen, haben mir meine Freundinnen erklärt. Sonst zieht man am Ende nur das Falsche an.
Die eine besucht dafür neuerdings Seminare im Allgäu, man kann dort wahlweise über glühende Kohlen laufen oder in einer engen Schwitzhütte zusammen mit dreißig anderen Todesmutigen einen Hitzschlag bekommen. Die andere Freundin stellt sich wiederum einem rigorosen Atem-Programm, bei dem jede Session in einem Eisbad endet. Zu diesem Zweck hat sie sich jetzt eine Gefriertruhe in den Garten gestellt und stoppt jeden Morgen, wie lange sie es darin aushält.
Mich haben diese Aktionen erstmal doch ein bisschen abgeschreckt. Mühelose Magie sieht für mich anders aus. Nach längerem Nachdenken kam mir dann die Erkenntnis, dass man die Realität vielleicht gar nicht beherrschen muss. Es reicht völlig, den anderen ihre Vorstellung der Realität auszureden — das ist eine viel effektivere Art, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Wahre Meisterschaft zeigt hier das Zitat des indischen Schauspielers Aarav Sinha:


Für Schauspieler ist diese Sicht der Dinge natürlich leichter, weil sie es öfter üben. Aber mit ein bisschen Phantasie kann es jeder schaffen — bei mir ist die Motivation hier jedenfalls deutlich höher als bei der Vorstellung, über glühende Kohlen zu laufen oder jeden Morgen in eine Gefriertruhe zu steigen.
Außerdem hat diese Aura-Leserin mir heute klargemacht, dass ich schon auf einem sehr guten Weg bin. Meine geheimen Freunde sind golden in meiner Aura zu lesen, und das wird sich bestimmt bald golden auf meine Zukunft auswirken. Ich glaube, ich werde den auferstandenen Marlon Brando in Las Vegas heiraten und mit ihm für den Rest meines Lebens auf einer romantischen Ranch Pferde züchten. Wer mich währenddessen auf der Straße trifft, ist offensichtlich auch gerade in Las Vegas, oder auf dem Weg zur Pferdekoppel… Ist ja wohl klar.

Herrlich! Dein Text ist wieder mal genauso erfrischend wie mein morgendliches Eis Bad:-)
Du bist und bleibst meine Heldin ❄️❄️❄️
Mit Russell Crowe gestern Abend als Robin Hood im Fernsehen und Deinem neusten Blog im Rücken fühle ich mich, liebe Eva, gleich viel besser!
Dein Freund ist Robin Hood…? Ich beneide dich!! :-))
Deine Aura ist der Hammer! Was für eine schöne Lektüre, danke!
Wer war gleich wieder Marlon Brando?