
Ich habe mit meinem Cello mehr Zeit verbracht als mit den meisten Menschen in meinem Leben, und wir lieben uns immer noch. Ein besonderes Highlight in unserer Beziehung ist das gemeinsame Fliegen. Früher — ungefähr zu der Zeit, als die Erde noch eine Scheibe war — konnte man schonmal Glück haben, dass ein musikliebender Pilot das Cello im Garderobenschrank der Businessclass mitfliegen ließ. Einfach so. Diese Zeiten sind lang vorbei. Man braucht für das Cello einen eigenen Sitzplatz, und seit dem 11.September 2001 kann es auch passieren, dass man es trotzdem nicht mit an Bord nehmen darf. Es kann nämlich die Sicherheitsfragen nicht beantworten. Darüber habe ich mich in London Heathrow tatsächlich mal mit der Bodencrew gestritten.

Ich habe mit meinem Cello mehr Zeit verbracht als mit den meisten Menschen in meinem Leben, und wir lieben uns immer noch. Ein besonderes Highlight in unserer Beziehung ist das gemeinsame Fliegen. Früher — ungefähr zu der Zeit, als die Erde noch eine Scheibe war — konnten Cellisten schonmal Glück haben, dass ein musikliebender Pilot das Cello im Garderobenschrank der Businessclass mitfliegen ließ. Einfach so. Diese Zeiten sind lang vorbei. Man braucht für das Cello einen eigenen Sitzplatz, und seit dem 11.September 2001 kann es auch passieren, dass man es trotzdem nicht mit an Bord nehmen darf. Es kann nämlich die Sicherheitsfragen nicht beantworten. Darüber habe ich mich in London Heathrow tatsächlich mal mit der Bodencrew gestritten.

Bei British Airways bleibt es auch nach dem Einchecken noch kompliziert: Man muss mit seinem Cello vor allen anderen einsteigen, damit es ein Sicherheitsbeamter kopfüber, gemäß einer vorgeschriebenen Zeichnung, am Sitz festbinden kann. Das ist wichtig, damit es im Fall von Turbulenzen nicht plötzlich abhebt, sich um neunzig Grad dreht, nach vorn fliegt und den Passagieren in den vorderen Reihen die Köpfe abschlägt. Die Security hat mir diese Gefahr mehrmals genau erklärt.
Bei Australian Airlines kommt das Cello in eine Art Fischernetz, die meisten anderen Fluglinien begnügen sich mit einem extra langen Anschnallgurt. Es bleibt jedes Mal eine Überraschung, welche Situation einen am Check-In erwartet. Ich habe einmal fast einen Flug verpasst, weil das Cello-Flugticket nicht auszudrucken war. Am Ende waren drei Leute samt Supervisior am Computer beschäftigt, und es stellte sich heraus: ich hatte das Geschlecht des Cellos nicht angegeben. War es nun Mr. oder Mrs. Cello?

Ein Kollege war eine Weile mit einer Stewardess bei Continental Airlines zusammen, die ihm verriet, dass es eine Liste mit Dingen gibt, die mit an Bord gehen dürfen. Das Cello steht natürlich nicht darauf. Dafür aber kleinere Instrumente. Als er also beim nächsten Flug gefragt wurde, was er da auf dem Rücken trägt, sagte er todernst: „It’s an oboe.“ Angeblich ließ man ihn einsteigen.
Mich dagegen wollte man einmal nur mit Cello an Bord lassen, wenn ich vorher den Stachel und die Saiten „abmontiere“. Das sind nämlich Mordwerkzeuge! Als wäre das Cello ein Bausatz, den man beliebig auseinander- und wieder zusammenbauen kann.

Es gibt auch eine legale Möglichkeit, alldem zu entkommen, nämlich wenn man riskiert, das Cello ins Gepäck zu geben und es in einem dafür vorgesehenen Flightcase verstaut. Dieser hat Stahlbeschläge und ist extrem belastbar, angeblich kann man darin das Cello aus dem Fenster werfen, ohne dass es Schaden nimmt. Ich kenne niemand, der sein Cello gern so transportiert und habe es selbst nur ein einziges Mal ausprobiert — auf einem Flug nach Fuerteventura. Bei der Ankunft auf der Insel klapperte es verdächtig im Kasten, und als ich ihn öffnete, kam mir zuerst das Griffbrett entgegen. Es hatte sich gelöst und auf dem Cellolack bereits einige Macken hinterlassen. Ich musste mir für die Konzerte ein anderes Instrument ausleihen.

Zugegeben, mein Cello hat auf unseren Reisen einiges durchgemacht. Freunde vermuten, dass es ein schwieriges Karma hat und versucht, in meiner Gegenwart davon erlöst zu werden. Vielleicht haben sie recht, es gibt sicher fürsorglichere Besitzerinnen als mich.
Da ist zum Beispiel diese Umzugsnacht, in der es fast gestorben wäre. Meine netten Nachbarn im Süden hatten mich zu einem Abschiedsumtrunk eingeladen, aus dem im Laufe des Abends zwei oder drei wurden. Vielleicht auch vier. Währenddessen ließ die Umzugsfirma auf sich warten, und draußen schneite und schneite es. Kurz vor Mitternacht kamen sie dann doch, und beim Verladen geriet mein Cello irgendwie zwischen die Möbel. Ich muss es im Feiertrubel aus den Augen verloren haben, und so verbrachte es die Nacht bei minus elf Grad im LKW auf der Autobahn. Als ich es in Berlin in Empfang nahm, war es praktisch tiefgefroren. Es kostete mich einen ganzen Tag, um es wieder an die Zimmertemperatur zu gewöhnen, auf dem Lack hatte sich eine dicke Rauhreifschicht gebildet.

Danach bestrafte es mich eine Woche lang mit unerträglich dumpfen, kratzenden Klang. Ich dachte schon, es würde sich nie wieder erholen. Doch mein Cello hat einen gutmütigen Charakter, oder vielleicht ein schlechtes Gedächtnis. Irgendwann klang es jedenfalls wieder, als wäre nie etwas vorgefallen. Was mich als Besitzerin leicht übermütig stimmte. Vielleicht hatte es gar kein schwieriges Karma, sondern war schlicht unsterblich?
Gerade sind wir mal wieder zusammen unterwegs. Seit Tagen frage ich mich, was eigentlich schlimmer für ein Holzinstrument ist – Hitze oder Kälte? Ich würde mein Cello nämlich gern mit in die Panorama-Sauna am See nehmen, um ein paar Töne im Anblick der Berge zu spielen.


Bei British Airways bleibt es auch nach dem Einchecken noch kompliziert: Man muss mit seinem Cello vor allen anderen einsteigen, damit es ein Sicherheitsbeamter kopfüber, gemäß einer vorgeschriebenen Zeichnung, am Sitz festbinden kann. Das ist wichtig, damit es im Fall von Turbulenzen nicht plötzlich abhebt, sich um neunzig Grad dreht, nach vorn fliegt und den Passagieren in den vorderen Reihen die Köpfe abschlägt. Die Security hat mir diese Gefahr mehrmals genau erklärt.
Bei Australian Airlines kommt das Cello in eine Art Fischernetz, die meisten anderen Fluglinien begnügen sich mit einem extra langen Anschnallgurt. Es bleibt jedes Mal eine Überraschung, welche Situation einen am Check-In erwartet. Ich habe einmal fast einen Flug verpasst, weil das Cello-Flugticket nicht auszudrucken war. Am Ende waren drei Leute samt Supervisior am Computer beschäftigt, und es stellte sich heraus: ich hatte das Geschlecht des Cellos nicht angegeben. War es nun Mr. oder Mrs. Cello?


Ein Kollege war eine Weile mit einer Stewardess bei Continental Airlines zusammen, die ihm verriet, dass es eine Liste mit Dingen gibt, die mit an Bord gehen dürfen. Das Cello steht natürlich nicht darauf. Dafür aber kleinere Instrumente. Als er also beim nächsten Flug gefragt wurde, was er da auf dem Rücken trägt, sagte er todernst: „It’s an oboe.“ Angeblich ließ man ihn einsteigen.
Mich dagegen wollte man einmal nur mit Cello an Bord lassen, wenn ich vorher den Stachel und die Saiten „abmontiere“. Das sind nämlich Mordwerkzeuge! Als wäre das Cello ein Bausatz, den man beliebig auseinander- und wieder zusammenbauen kann.

Es gibt auch eine legale Möglichkeit, alldem zu entkommen, nämlich wenn man riskiert, das Cello ins Gepäck zu geben und es in einem dafür vorgesehenen Flightcase verstaut. Dieser hat Stahlbeschläge und ist extrem belastbar, angeblich kann man darin das Cello aus dem Fenster werfen, ohne dass es Schaden nimmt. Ich kenne niemand, der sein Cello gern so transportiert und habe es selbst nur ein einziges Mal ausprobiert — auf einem Flug nach Fuerteventura. Bei der Ankunft auf der Insel klapperte es verdächtig im Kasten, und als ich ihn öffnete, kam mir zuerst das Griffbrett entgegen. Es hatte sich gelöst und auf dem Cellolack bereits einige Macken hinterlassen. Ich musste mir für die Konzerte ein anderes Instrument ausleihen.



Zugegeben, mein Cello hat auf unseren Reisen einiges durchgemacht. Freunde vermuten, dass es ein schwieriges Karma hat und versucht, in meiner Gegenwart davon erlöst zu werden. Vielleicht haben sie recht, es gibt sicher fürsorglichere Besitzerinnen als mich.
Da ist zum Beispiel diese Umzugsnacht, in der es fast gestorben wäre. Meine netten Nachbarn im Süden hatten mich zu einem Abschiedsumtrunk eingeladen, aus dem im Laufe des Abends zwei oder drei wurden. Vielleicht auch vier. Währenddessen ließ die Umzugsfirma auf sich warten, und draußen schneite und schneite es.
Kurz vor Mitternacht kamen sie dann doch, und beim Verladen geriet mein Cello irgendwie zwischen die Möbel. Ich muss es im Feiertrubel aus den Augen verloren haben, und so verbrachte es die Nacht bei minus elf Grad im LKW auf der Autobahn. Als ich es in Berlin in Empfang nahm, war es praktisch tiefgefroren. Es kostete mich einen ganzen Tag, um es wieder an die Zimmertemperatur zu gewöhnen, auf dem Lack hatte sich eine dicke Rauhreifschicht gebildet.

Danach bestrafte es mich eine Woche lang mit unerträglich dumpfen, kratzenden Klang. Ich dachte schon, es würde sich nie wieder erholen. Doch mein Cello hat einen gutmütigen Charakter, oder vielleicht ein schlechtes Gedächtnis. Irgendwann klang es jedenfalls wieder, als wäre nie etwas vorgefallen. Was mich als Besitzerin leicht übermütig stimmte. Vielleicht hatte es gar kein schwieriges Karma, sondern war schlicht unsterblich?
Gerade sind wir mal wieder zusammen unterwegs. Seit Tagen frage ich mich, was eigentlich schlimmer für ein Holzinstrument ist – Hitze oder Kälte? Ich würde mein Cello nämlich gern mit in die Panorama-Sauna am See nehmen, um ein paar Töne im Anblick der Berge zu spielen.

Liebe Eva, ich lese deine Freitagsnotizen so gern. Sie bringen mich zum schmunzeln und so manche Situationen die du (so treffend) beschreibst kommen einem so bekannt vor und man nickt unweigerlich zustimmend mit dem Kopf.
Ich freue mich jedenfalls schon wieder auf nächsten Freitag! Liebe Grüße, Antje
Liebe Antje, vielen Dank und schön, dass dir die Kolumnen gefallen!
Dein Cello ist ausgesprochen langmütig und nachsichtig 🙂 Sehr schöne Kolumne, macht gleich gute Laune.
Meinem Cello wäre es halt mit einer anderen Besitzerin langweilig 🙂
Wer dich kennt, weiß, dass dein Cello einiges mitzumachen hat. Aber im Grunde seid ihr beide ziemlich unverwüstlich.
Dein Vater
Ja ich habe auf den ersten Blick gewusst dass das Cello zu mir passt :))