
Die Zeiten, in denen auf dem obersten Küchenregal ein paar verlorene Kochbücher herumstanden, sind definitiv vorbei. Ich bin umringt von Hobby-Sterneköchen. Und nicht nur das. Einige züchten in hingebungsvollem Urban Gardening alles mögliche selbst: Tomaten, Kräuter, Salat, Gemüse… In ein Geschäft gehen diese Menschen nicht mehr — vielleicht akzeptieren sie noch den Schuppen eines Biobauern, wo man unbeaufsichtigt etwas Geld in eine Korkschale legt und dafür einen Sack frisch geernteter Kartoffeln mitnehmen kann.

Die Zeiten, in denen auf dem obersten Küchenregal ein paar verlorene Kochbücher herumstanden, sind definitiv vorbei. Ich bin umringt von Hobby-Sterneköchen. Und nicht nur das. Einige züchten in hingebungsvollem Urban Gardening alles mögliche selbst: Tomaten, Kräuter, Salat, Gemüse… In ein Geschäft gehen diese Menschen nicht mehr — vielleicht akzeptieren sie noch den Schuppen eines Biobauern, wo man unbeaufsichtigt etwas Geld in eine Korkschale legt und dafür einen Sack frisch geernteter Kartoffeln mitnehmen kann.
Die pragmatische Kochfraktion hingegen schafft sich Küchengeräte an, die UFOs gleichen — Maschinen, die nicht nur die Rezepte wissen, sondern auch sämtliche Schritte gleichzeitig erledigen können. Es fehlt nur noch, dass sie selbst zum Kühlschrank gehen und die Zutaten waschen und kleinschneiden.
Ein entscheidendes Thema der Kochkunst sind natürlich auch die Gewürze. Das Gewürzregal meiner Schwester macht inzwischen der Bücherwand im Wohnzimmer Konkurrenz. Es umfasst Gewürze, deren Aussprache mindestens so herausfordernd ist wie ihre Beschaffung.
Die pragmatische Kochfraktion hingegen schafft sich Küchengeräte an, die UFOs gleichen — Maschinen, die nicht nur die Rezepte wissen, sondern auch sämtliche Schritte gleichzeitig erledigen können. Es fehlt nur noch, dass sie selbst zum Kühlschrank gehen und die Zutaten waschen und kleinschneiden.
Ein entscheidendes Thema der Kochkunst sind natürlich auch die Gewürze. Das Gewürzregal meiner Schwester macht inzwischen der Bücherwand im Wohnzimmer Konkurrenz. Es umfasst Gewürze, deren Aussprache mindestens so herausfordernd ist wie ihre Beschaffung.

Meine Rolle in dieser Entwicklung war von Anfang an klar: Ich bin das Publikum all dieser Sterneköche — eine sehr privilegierte Position, ich gebe es zu. Meine Geduld in der Küche ist begrenzt, Pflanzen gehen bei mir im Wesentlichen ein, und wenn ich eins hasse, dann neue Geräte, deren Bedienungsanleitung man stundenlang studieren muss und die am Ende nicht funktionieren. Als Ausgleich habe ich meinen geschmacks-kreativen Freunden sämtliches Küchen-Zubehör geschenkt, das Instagram und Facebook mir vorgeschlagen hat. Ein Nudelholz mit Rentierprägung für die Weihnachtsplätzchen. Einen Löffel mit Gießauslassung für die Gestaltung der Teller. Ein speziell geformtes Gummischiff für perfekt pochierte Eier.
Doch manchmal gibt es eben diese Anlässe, bei denen es heißt: bringt bitte etwas für das Buffet mit. Ich halte mich dann meistens an die Getränke, mein Weinhändler findet immer eine passende Flasche. Und es gibt diesen Schokoladenkuchen, der es immer für mich rausgerissen hat. Meine Schwester hatte ihn an einem Weihnachtsfest serviert, wo er von allen Seiten gelobt wurde. Ich fasste mir ein Herz und fragte sie nach dem Rezept. Innerlich war ich auf das Schlimmste gefasst — Schokolade, die man erst selbst herstellen muss, oder Gewürze, die nur in Schaltjahren wachsen. Doch es stellte sich heraus: es war eine Backmischung! Ich konnte es nicht fassen. Meine Schwester muss wirklich sehr in Eile gewesen sein. Die Mischung stammte aus dem Bioladen und musste lediglich durch ein wenig Sprudelwasser und geschmolzene Butter ergänzt werden. Ich kaufte sie bei nächster Gelegenheit. Beim Zubereiten wurde ich noch ein bisschen kreativ und schüttete einen ordentlichen Schuss Strohrum in den Teig.

Der Kuchen erfreut sich auf Parties großer Beliebtheit, und manchmal werde ich tatsächlich nach dem Rezept gefragt. Ich behaupte dann immer, es sei französisch. „Ich suche es heraus und schicke es dir“, verspreche ich scheinheilig, und nach der Party haben es die Leute dann wieder vergessen.
Bis zu dem Tag, als eine Freundin anrief und insistierte. Ihr Sohn hätte Geburtstag, und sie wolle nun endlich diesen phantastischen Schokoladenkuchen backen. Man muss dazu sagen, dass diese Freundin mit einem Italiener verheiratet ist, der nicht nur für jedes Pastarezept fünf Stunden braucht, sondern auch ein äußerst kritischer Weinexperte ist. Wenn sie mich einladen bin ich immer kurz davor, meinen Weinhändler nach einer Expertise für die Flasche zu fragen, die ich mitbringen will.

Es war vollkommen undenkbar, dieser Freundin beizubringen, dass der einzige Kuchen, den sie je von mir probiert hat, eine Backmischung war. Die Lösung lag auf der Hand: ich musste herausfinden, woraus die Mischung bestand, und sie in ein raffiniertes Rezept umschreiben. Meine Küche verwandelte sich in eine Art Chemielabor, akribisch versuchte ich den Inhalt der Mischung nachzuwiegen. Als Anhaltspunkt orientierte mich an der Farbe des Pulvers, der Geschmack war nicht sehr hilfreich. Natürlich hätte ich ein Rezept aus dem Internet nehmen können, aber das traute ich mich nicht. Bestimmt gab es für Rezepte auch eine App wie Shazam oder Vivino.

Ich probierte es lange, aber es wurde überhaupt nicht gut. Vielleicht werden eben doch nicht alle Zutaten auf eine Packung geschrieben. Schließlich improvisierte ich eine Basismischung und ergänzte sie mit fein geriebener Schokolade, die danach geschmolzen wurde – das hatte ich bei einer Freundin beobachtet, als sie Weihnachtstrüffel machte. Außerdem zwei Safranfäden. Das klang ein bisschen nach Geheimtipp, und sie würden den Geschmack bestimmt nicht sonderlich verderben. Der Kindergeburtstag kam und offensichtlich ging alles gut — jedenfalls hat sich meine Freundin nicht über den Kuchen beschwert. Vielleicht war es ihr aber auch zu peinlich, zuzugeben, dass sie ihn nicht hinbekommen hat.

Ich hatte das Ganze schon verdrängt, als ich Monate später zu einem Sommerfest einlud. Da hat diese Freundin dann meine Schwester kennengelernt. Am Buffet, neben dem Schokoladenkuchen. Ich hörte meine Schwester lachen: „Ein französisches Rezept? Ach. Ich habe da vor Jahren etwas ganz Praktisches im Bioladen entdeckt…“
Meine Freundin legte interessiert den Kopf schräg. „Das klingt aber einfach, das probiere ich aus!“
„Wenn es mal schnell gehen muss“, nickte meine Schwester.
Ich musste mich an meinem Crémantglas festhalten. So einfach hätte ich es also haben können. Seit wann durfte es beim Kochen schnell gehen?!
Allerdings darf man nicht vergessen, dass sich dort zwei Gourmet-Insider unterhalten haben. Offensichtlich herrschen beim Kochen ähnliche Regeln wie in der Modebranche. Wenn man genügend Designerstücke trägt, darf man sie auch mal mit einem T-Shirt von H&M kombinieren.



Meine Rolle in dieser Entwicklung war von Anfang an klar: Ich bin das Publikum all dieser Sterneköche — eine sehr privilegierte Position, ich gebe es zu. Meine Geduld in der Küche ist begrenzt, Pflanzen gehen bei mir im Wesentlichen ein, und wenn ich eins hasse, dann neue Geräte, deren Bedienungsanleitung man stundenlang studieren muss und die am Ende nicht funktionieren. Als Ausgleich habe ich meinen geschmacks-kreativen Freunden sämtliches Küchen-Zubehör geschenkt, das Instagram und Facebook mir vorgeschlagen hat. Ein Nudelholz mit Rentierprägung für die Weihnachtsplätzchen. Einen Löffel mit Gießauslassung für die Gestaltung der Teller. Ein speziell geformtes Gummischiff für perfekt pochierte Eier.
Doch manchmal gibt es eben diese Anlässe, bei denen es heißt: bringt bitte etwas für das Buffet mit. Ich halte mich dann meistens an die Getränke, mein Weinhändler findet immer eine passende Flasche. Und es gibt diesen Schokoladenkuchen, der es immer für mich rausgerissen hat. Meine Schwester hatte ihn an einem Weihnachtsfest serviert, wo er von allen Seiten gelobt wurde. Ich fasste mir ein Herz und fragte sie nach dem Rezept. Innerlich war ich auf das Schlimmste gefasst — Schokolade, die man erst selbst herstellen muss, oder Gewürze, die nur in Schaltjahren wachsen. Doch es stellte sich heraus: es war eine Backmischung! Ich konnte es nicht fassen. Meine Schwester muss wirklich sehr in Eile gewesen sein. Die Mischung stammte aus dem Bioladen und musste lediglich durch ein wenig Sprudelwasser und geschmolzene Butter ergänzt werden. Ich kaufte sie bei nächster Gelegenheit. Beim Zubereiten wurde ich noch ein bisschen kreativ und schüttete einen ordentlichen Schuss Strohrum in den Teig.

Bis zu dem Tag, als eine Freundin anrief und insistierte. Ihr Sohn hätte Geburtstag, und sie wolle nun endlich diesen phantastischen Schokoladenkuchen backen. Man muss dazu sagen, dass diese Freundin mit einem Italiener verheiratet ist, der nicht nur für jedes Pastarezept fünf Stunden braucht, sondern auch ein äußerst kritischer Weinexperte ist. Wenn sie mich einladen bin ich immer kurz davor, meinen Weinhändler nach einer Expertise für die Flasche zu fragen, die ich mitbringen will.

Es war vollkommen undenkbar, dieser Freundin beizubringen, dass der einzige Kuchen, den sie je von mir probiert hat, eine Backmischung war. Die Lösung lag auf der Hand: ich musste herausfinden, woraus die Mischung bestand, und sie in ein raffiniertes Rezept umschreiben. Meine Küche verwandelte sich in eine Art Chemielabor, akribisch versuchte ich den Inhalt der Mischung nachzuwiegen. Als Anhaltspunkt orientierte mich an der Farbe des Pulvers, der Geschmack war nicht sehr hilfreich. Natürlich hätte ich ein Rezept aus dem Internet nehmen können, aber das traute ich mich nicht. Bestimmt gab es für Rezepte auch eine App wie Shazam oder Vivino.

Ich probierte es lange, aber es wurde überhaupt nicht gut. Vielleicht werden eben doch nicht alle Zutaten auf eine Packung geschrieben. Schließlich improvisierte ich eine Basismischung und ergänzte sie mit fein geriebener Schokolade, die danach geschmolzen wurde – das hatte ich bei einer Freundin beobachtet, als sie Weihnachtstrüffel machte. Außerdem zwei Safranfäden. Das klang ein bisschen nach Geheimtipp, und sie würden den Geschmack bestimmt nicht sonderlich verderben. Der Kindergeburtstag kam und offensichtlich ging alles gut — jedenfalls hat sich meine Freundin nicht über den Kuchen beschwert. Vielleicht war es ihr aber auch zu peinlich, zuzugeben, dass sie ihn nicht hinbekommen hat.

Meine Freundin legte interessiert den Kopf schräg. „Das klingt aber einfach, das probiere ich aus!“
„Wenn es mal schnell gehen muss“, nickte meine Schwester.
Ich musste mich an meinem Crémantglas festhalten. So einfach hätte ich es also haben können. Seit wann durfte es beim Kochen schnell gehen?!
Allerdings darf man nicht vergessen, dass sich dort zwei Gourmet-Insider unterhalten haben. Offensichtlich herrschen beim Kochen ähnliche Regeln wie in der Modebranche. Wenn man genügend Designerstücke trägt, darf man sie auch mal mit einem T-Shirt von H&M kombinieren.

Seitdem warte ich darauf, dass meine Freundin ihre Schlüsse zieht, wenn sie die Backmischung zum ersten Mal probiert — aber da habe ich mich inzwischen wieder beruhigt. Die geschmackliche Erinnerung ist doch ein weites Feld. Vielleicht wird sie sich wundern, dass sie besser schmeckt als ein französisches Rezept. Vielleicht wird sie auch denken, dass ihr der Geschmack bekannt vorkommt. Auf die Wahrheit kommt sie mit Sicherheit nie.

🙂 wie heißt denn nun die Backmischung? Ich bekomme Hunger und habe mich mal wieder “köstlich” über Deine Notiz amüsiert! Sehr schön!
😂😂😂